Weinparadies Hohenlohe
9 | 8 | > we inparadi es Hohenlohe i Betr i ebsformen im We inbau Mit 19 Privatgütern – sogenannten Selbstvermarktern – und einer Genossenschaft ist die Hohenloher Weinszene relativ überschaubar. Größter Erzeuger ist die Weinkelle- rei Hohenlohe mit Sitz in Bretzfeld-Adolzfurt. Keiner der selbstvermarktenden Betriebe hat mehr Weine im Portfolio und bewirtschaftet nur annähernd so viel Rebfläche wie die „Fürstenfass“-Genossen, die mittlerweile noch der einzige ge- nossenschafltiche Weinbaubetrieb im Hohenlohekreis sind. Genossen Was das Besondere einer Genossenschaft ist, beschreibt Geschäftsführer Eberhard Brand so: „Mit einfachen Worten ausgedrückt, ist die Weingärtnergenossenschaft der verlängerte Arm unserer Mitglieder. Diese können sich ganz auf ihren Weinbaubetrieb konzentrieren. Ausbau, Lagerung und Vertrieb erfolgen mit gebündelten Kräften durch die Ge- nossenschaft. Vorteil ist, dass die Mitglieder durch ihr Stimm- recht die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen.“ Weingärtnergenossenschaften (WG) spielen auch im Wein- land Württemberg, dem Heimatland der Genossenschaften, eine besondere Rolle, wo sie rund 80 Prozent der gesamten Rebfläche bewirtschaften. Gegründet wurden sie fast immer als eine Art gemeinschaftlicher Selbsthilfe in Zeiten von Um- brüchen und Not. Die erste WG entstand 1855 in Neckarsulm und nachdem ein Reichsgesetz die gesetzlichen Grundlagen geschaffen hatte, entstanden in Ingelfingen (1892) und Mar- kelsheim die ersten offiziellen Weingärtnergenossenschaften. Erst gut 50 Jahre später wurde 1950 die Weinkellerei Ho- henlohe gegründet, unter deren Dach aktuell 560 Mitglieder in 30 Ortschaften des Hohenlohekreises auf zusammen 550 Hektar – knapp 70 Prozent der gesamten Rebfläche – Wein- bau betreiben und Jahr für Jahr im Schnitt rund fünf Millionen Liter Wein erzeugen. Genug, um jedem der 110 000 Einwoh- ner des Hohenlohekreises ein Jahr lang täglich ein „Achtele“ Wein einzuschenken. Die kleinste bewirtschaftete Rebfläche eines Mitglieds beträgt ein Ar (100 Quadratmeter), das Mitglied mit der größten Reb- fläche bewirtschaftet 11,5 Hektar (115 000 Quadtratmeter). Weil auch im genossenschaftlichen Weinbau in der Regel die ganze Familie mit anpackt, schätzt Vorstandsvorsitzender Reinhold Fritz, dass bei seinen 560 Genossenschaftsmitglie- dern „das Jahr über insgesamt mehr als 2500 Menschen irgendwelche Arbeiten im Weinberg leisten“. Entstanden ist die 1950 gegründete Weinkellerei Hohenlohe aus 16 kleineren örtlichen Genossenschaften. 1997 schloss sie sich mit der WG Michelbach-Söllbach zusammen und erwei- terte ihre Rebfläche von 250 auf 340 Hektar. 2012 fusionierte sie mit der Kochertalkellerei Ingelfingen (plus 130 Hektar), 2012 mit der WG Heuholz (plus 80 Hektar). Fusionen prägten den Weinbau im Kochertal: So ging die 1892 gegründete spätere Kochertalkellerei in Ingelfingen aus den WG Ingelfingen, Criesbach und Belsenberg hervor. 2000 fusionierte sie mit der WG Forchtenberg. 2008 fusionierten Kochertalkellerei, WG Niedernhall und die WG Jagsttal in Dörzbach zur Kochertalkellerei mit ihrer Tochter Hohenloher Weinkontor in Niedernhall, die sich dann 2012 der Weinkel- lerei Hohenlohe anschloss. Auch wenn Konkurrenzdruck und Markt zu immer größeren Einheiten zwingen, will die Wein- kellerei Hohenlohe auf die Flächenbremse treten. „Unsere Ka- pazitäten sind mit der aktuellen Rebfläche nahezu vollständig ausgelastet. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass wir uns aus strategischen Gründen auf die Region Hohenlohe als Einzugsgebiet beschränken wollen, planen wir nicht, weiter zu wachsen“, sagt Fürstenfass-Chef Reinhold Fritz. Privatweingüter Neben dem genossenschaftlichen Platz- hirsch „Fürstenfass“ prägen 19 Privatweingüter das Weinpa- radies Hohenlohe. Mit 28 Hektar größter und auch über die Grenzen Hohenlohes hinaus bekanntester Erzeuger unter den Privaten ist das VDP-Weingut Fürst Hohenlohe-Oehringen in Verrenberg. Das Familienweingut in 27. Generation mit der renommierten Monopollage Verrenberger Verrenberg betreibt seit 2011 unter dem EU-Bio-Siegel zertifizierten Bioweinbau. Einige Bioweine hat auch das Weingut Busch im Portfolio, während der Rebenhof Fröscher begonnen hat, seine kom- plette Rebfläche auf Bioweinbau umzustellen. Die Hohenloher Privatgüter konzentrieren sich auf die Gemeinde Bretzfeld, wo sich neun Weingüter zum Verein „Die Weingüter Bretzfeld zusammengeschlossen haben: Weibler (Siebeneich), Birkert und Borth (Adolzfurt), Schwab und Busch (Dimbach), Mai (Unterheimbach), Weihbrecht (Schwabbach), Müller (Geddelsbach), Hammel (Hälden). Die Weingüter Fürst Hohenlohe-Oehringen (Verrenberg) und Dieroff (Michelbach a. W.) betreiben Weinbau in der Gemar- kung Öhringen, die Weingüter Keil (Altrenzen) und Ungerer (Renzen) im Steinbacher Tal (Gemeinde Pfedelbach). Im Kochertal halten der Rebenhof Ferdinand Fröscher (Forchten- berg), sowie in Ingelfingen die Weinmanufaktur Ingelfinger Fass, die Weingüter Gaufer und Bauer, in Niedernhall das Weingut Keck und im Jagsttal das Weingut Mütsch (Schöntal) die Fahnen der Privaten hoch. Wo Reben auf Dächer ste igen und b i s ins H immelre i ch ragen In zwölf von 16 Kommunen des Hohenlohekreises wird Weinbau betrieben. Dass man mit gutem Grund vom „Weinparadies Hohen- lohe“ sprechen kann, zeigt sich auch an der Zahl der Weinbau-Gemeinden. Denn in zwölf von 16 Kommunen des Hohenlohekreises wird Weinbau betrieben. Lediglich Kupferzell, Mulfingen, Waldenburg und Kupferzell sind weinbaufreie Zonen. Hot-Spot Bretzfeld Klarer Hohenloher Hot-Spot in Sachen Weinbau ist die Gemeinde Bretzfeld mit ihren Teilorten. Auf ihrer Gemarkung liegen rund ein Drittel oder 268 Hektar der insgesamt 803 Hektar Rebflächen im Hohenlohekreis. Auf Rang zwei rangiert Pfedelbach (149 Hektar), auf Rang drei Öhringen (119 Hektar). Danach folgen die Weinbau-Gemein- den Ingelfingen (69 Hektar), Neuenstein (68 Hektar), Kraut- heim (39 Hektar), Niedernhall (32 Hektar), Forchtenberg (27 Hektar), Dörzbach (15 Hektar), Künzelsau (7 Hektar), Schöntal (sechs Hektar) und Weißbach (zwei Hektar). Damit fokussiert sich der Hohenloher Weinbau auf vier Bereiche: Bretzfeld (268 Hektar), Öhringen/Neuenstein/Pfedelbach (336 Hektar), das Kochertal (137 Hektar) und das Jagsttal (60 Hektar). Während sich die Rebflächen der 19 Hohenloher Privatwein- güter auf einzelne Gemeinden konzentrieren, verfügt die Weinkellerei Hohenlohe mit ihren insgesamt 550 Hektar über Rebflächen im kompletten Hohenlohekreis. Ihr Einzugsgebiet reicht von Bretzfeld, Öhringen, Pfedelbach und Neuenstein im südlichen, übers Kochertal bis zum Jagsttal im nördlichen Teil. Weinbau im Dutzend Wer sich selbst einen Eindruck von der reizvollen Hohenloher Weinlandschaft machen will, macht am besten einen Spaziergang oder eine Wanderung in den Wein- bergen. Das bietet sich in sämtlichen Weinbau-Gemeinden an, in manchen auch auf ausgeschilderten Weinlehrpfaden. Wer es nicht selbst erlebt hat, weiß gar nicht, wie gut das tut. Durch- atmen, den Hirnkasten lüften und Luft & Landschaft genießen. Stark vom Weinbau geprägt sind die Gemeinde Bretzfeld und ihre Ortsteile Adolzfurt, Siebeneich, Dimbach, Schwab- bach, Unterheimbach und Geddelsbach. Dass Bretzfeld auch schon früher eine bedeutende Rolle im regionalen Weinbau gespielt hat, zeigt sich auch daran, dass fast noch jeder Ortsteil eine historische, meist langgestreckte Kelter hat. Doch gekeltert wird in den teilweise renovierten Gebäuden längst nicht mehr. In Öhringen wird Weinbau vor allem in den Stadtteilen Verrenberg und Michelbach am Wald (Wein- lehrpfad) betrieben. Der Weinbau in Pfedelbach konzentriert sich auf den Teilort Windischenbach (Gol- und Goldberg) und das malerische Steinbacher Tal zwischen Harsberg und Untersteinbach. Einen Besuch wert in Pfedelbach sind auch die Vinothek Sonne, der Weinlehrpfad Heuholz im „Dachsteiger“-Gebiet (mit Aussichtsplattform Ranzenberg) und das Pfedelbacher Weinbaumuseum. In Neuenstein finden sich die Weinberge in Kesselfeld, Eschelbach und Obersöllbach. Zwischen Künzelsau , Weißbach und Forchten- berg lädt das Kochertal mit seinen idyllischen Weinstädtchen Ingelfingen , Niedernhall und Forchtenberg und seinen sonnenverwöhnten Rebhängen zu erholsamen Spaziergän- gen und malerischen Ausblicken ein. Schon von weitem zu sehender Blickfang ist dort das von dem Unternehmer und Wein-Liebhaber Fritz Müller mitten in die Weinberge gebaute Ingelfinger Fass, das direkt am Ingelfinger Weinlehrpfad liegt. Mit einem Volumen von 717 000 Litern ist es Europas zweit- größtes Holzfass und beherbergt auch ein Weinbaumuseum. Nicht zuletzt ist das landschaftlich reizvolle Jagsttal einen Be- such wert. Weinbau wird hier in Dörzbach (Kulturwanderweg Jagst / Dörzbacher Weinberglandschaft), Krautheim-Klepsau (Weinlehrpfad) und Schöntal-Bieringen betrieben. Groß- und Einzellagen Auch wenn die Hohenloher Weine heute nicht mehr so häufig unter den Namen ihrer Einzel- lagen vermarktet werden, sind diese – zumindest bei vielen Hohenlohern – noch fest im Gedächtnis verankert. Heute wer- den die Rebflächen im Hohenlohekreis in die zwei Großlagen Lindelberg und Kocherberg aufgeteilt. Zur Großlage Lindel- berg gehören die Einzellagen Schneckenhof, Himmelreich (Bretzfeld) und Goldberg (Bretzfeld, Öhringen, Pfedelbach), Verrenberg (Öhringen), Dachsteiger (Pfedelbach), Margarete (Michelbach) sowie Schwobajörgle (Eschelbach, Kesselfeld). Der Großlage Kocherberg zugeordnet sind die Einzellagen: Schlüsselberg (Bieringen), Altenberg (Dörzbach), Flatterberg (Forchtenberg), Engweg und Burgstall (Niedernhall), Hoher Berg (Ingelfingen, Künzelsau) sowie Heilig Kreuz (Belsenberg). > we inparadi es Hohenlohe i We inbaugeme inden Genossen und Pr i vatwe ingüter In den Hohenloher Weinbergen ist bei der herbstlichen Lese noch überwiegend Handarbeit angesagt. Eine Besonderheit ist, dass die Weinberge im Krautheimer Stadtteil Klepsau zum Weinbaugebiet Baden (Bereich Tau- berfranken) gehören. Dort wird heute in der Lage Heiligen- berg auf gut 30 Hektar Wein (vor allem Müller-Thurgau, Bacchus, Schwarzriesling) angebaut, der über die Genossen- schaft Becksteiner Winzer vermarktet wird.
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